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Fundsache Credo

„Wer sucht, der findet.“ (Mt 7,8). Diese Erkenntnis ist nachvollziehbar, da lebensnah. Genauso aber auch diese: Wer nicht sucht der findet auch. In beiden Aussagen wird ein Begriff unterstrichen, finden. Gefunden werden Dinge, die eher der materiellen Darreichungsform zuzuordnen sind. Aber auch immaterielle „Dinge“ werden gefunden, wie Zuneigung oder Ablehnung. Bestimmte „Fundsachen“ dürfen nicht behalten werden, wie z.B. ein historischer Bodenfund oder eine gefüllte Geldbörse, welche allerdings eher selten ihren Weg zurück zum Besitzer findet. Manch Gefundenes kann nicht zurückgegeben werden, so die Sympathie, die im Augenblick ihrer Wirkung als gefunden erlebt wird. Aber man kann versuchen, wenn gewollt, sich vor weiteren Sympathiefunden zu schützen.

Die gängigsten Orte an denen es was zu finden gibt sind die, an denen etwas vergessen wurde. Differenzierter wird es besonders dann, wenn etwas gefunden wird was man nicht „aufheben“ mag. Schmerzlich kann es werden, wenn etwas gefunden wird das leidvoll im Nachhinein klar macht, wie schlimm es bisher doch war ohne dieses erst jetzt Gefundene gelebt haben zu müssen.

Der wohl umfangreichste Fundus, auf dem sich Auffindbares seit Jahrtausenden stapelt, ist Geschichte. Ein winziger Ausschnitt aus diesem Fundus ist die Geschichte, die das Volk Israel mit dem Gott ihrer Väter Abraham Isaaks und Jakobs erlebt und aufgeschrieben hat. Diese Fundsache „Stück Geschichte“ ist das Credo Israels, also zunächst das Bekenntnis zu dem, was dieser Gott an seinem Volk als Ganzem vollbracht hat.

In diese Fundsache eines gelebten Glaubens, zur Geschichte verdichtet und greifbar in seinen Traditionen, wurden und werden Menschen hinein geboren.

Glaube in seiner Vielgestaltigkeit ist in unseren Gesellschaften eine weit verbreitete Fundsache, die als ein je eigenes Credo differenziert werden können. Diese unterscheiden sich von anderen Fundsachen darin, dass sie nicht nur gefunden werden müssen, sondern sie müssen vom Finder verinnerlicht werden, um von ihm wirkliche gefunden worden zu sein.

So ist z. B. die Fundsache des christlichen Glaubens nicht wirklich gefunden, wenn sie nur „aufgehoben“ wird. Mit diesem „nur“ aufheben aber kann ein weitergehendes Finden beginnen, das nun aber eng mit der Suche verbunden ist. Ein gefundenes Credo in der Geschichte kann Ausgangspunkt einer Suche werden mit dem Ziel, in dem gefundenen Credo das persönliche Credo zu entdecken. Auf diesem Weg kann die Erkenntnis reifen, im Suchen hinter dem Vorgefundenen etwas Bereicherndes finden zu können,  das weil erst jetzt erkannt bisher schmerzlich gefehlt hat. Wer hier findet, findet die Bedeutung von Gemeinschaft und Einsamkeit und findet: Glaube ist ein Lebensmittel.

Erschienen in: Anzeiger für die Seelsorge 07 & 08/2020
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Ein Kommentar

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