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Religiöse Symbole auf dem Prüfstand

Das kleine Schwein, oft aus Marzipan, mit einer Münze in der Schnauze, zur Jahreswende verschenkt, hat eine Botschaft: “Glück, Gesundheit und Erfolg mögen dich im neuen Jahr begleiten.”

Das Glücksschwein ist ein Symbol, das aus sich selbst heraus spricht. Wie auch der Tannenbaum, der Lebens- und Heilkraft symbolisiert.

Die teilweise noch vorhandenen Wegweiser der Ausstellung “Ex oriente” auf dem Pflaster zwischen Rathaus und Dom – das Kreuz, der Halbmond und die “Menora” – sind die signifikantesten Symbole der drei großen Weltreligionen.

Symbolkraft können aber auch Kleidungsstücke haben. So der Habit (einfache Bekleidung der Haut) eines christlichen Ordensmannes oder einer Ordensfrau, der eine besondere von Gott entgegengenommene Sendung symbolisiert .

Ein Pardah (Schleier), von einer Muslima getragen, ist Ausdruck der Ergebung in den Willen Gottes. Die Kippa (Kopfbedeckung) eines Juden ist Symbol seines Respektes vor Gott.

Die religiösen Symbole in unserer europäischen Gesellschaft allerdings scheinen kritikanfälliger zu werden. 1995 wurde das Kruzifix in bayrischen Klassenzimmern zum Skandal erklärt.

Seit 2003 wird mit dem Kopftuch islamischer Lehrerinnen an öffentlichen Schulen die Frage verbunden: Sein oder nicht sein! In Frankreich trifft es 2004 wohl auch die Schülerinnen mit Kopftuch.

Die Wahrung der Neutralität staatlicher und städtischer Einrichtungen sind der Hintergrund solcher Infragestellungen. Die Intention solcher Neutralität bezieht sich aber auf die Vielfalt der Religionen, immer vorausgesetzt, sie entsprechen dem Grundgesetz.

Neutral bedeutet, dass niemand auf Grund seiner Religion benachteiligt oder bevorzugt werden darf.

Wenn ein religiöses Symbol nun als Ausdruck der Benachteiligung dessen gewertet wird, was es nicht zum Ausdruck bringt, dann müssten alle religiösen Symbole verboten werden, da sie allein auf Grund ihres Vorhandenseins schon eine Vorteilsnahme darstellen.

Der thronende Christus über dem Haupteingang des Rathauses müsste rausgebrochen werden, da andere religiöse Symbole nicht gleichwertig daneben stehen. Der Bart des griechisch-orthodoxen Bischofs müsste in Frage gestellt werden, und nicht nur der seine. S elbst den Ordensleuten an kirchlichen Schulen wäre zu untersagen, ihre Ordenstracht zu tragen, da diese Schulen mit ca. 85 Prozent aus Mitteln der öffentlichen Hand finanziert werden.

In Folge müsste dann aber auch neu definiert werden, was ein Kulturgut sein darf, und was im Gegenteil dazu nur ein verbietbares religiöses Symbol ist. Von den Auflagen des Denkmalschutzes müssten christliche Darstellungen in und an öffentlichen Einrichtungen befreit werden, damit sie vernichtet werden können.

Wer das Kopftuchverbot will, also das Verbot eines religiösen Symbols, der muss konsequent weiterdenken.

Wer aber das Kopftuch (in Unkenntnis des Korans) scheinbar als eine politische Demonstration missdeutet, um es dann verbieten zu können, der sollte seine wirklichen Motive und Ziele offen legen.

Nachtrag: Bleibt für das neue Jahr zu hoffen, dass das Glücksschwein neutralen Ursprungs ist, aber dann können wir es uns auch sparen! Oder wissen Sie was ein neutrales Glück ist?

Quelle: Aachener Zeitung, 31.12.2003
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