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Wie sind Sie so eingerichtet?

Johannes hat mit seinem Hinweis auf das „Lamm Gottes“ die Aufmerksamkeit der Umstehenden geweckt. Quasi im Vorbeigehen fragen sie Jesus: „Meister, wo wohnst du?“ Wodurch diese Frage genau motiviert war, kann man nur vermuten. Ging es darum, mit Jesus verbindlicher umgehen können? Dazu bedurfte es einer Kontaktmöglichkeit, die auch anders hätte erfragt werden können: „Jesus, wo finden wir dich wieder?“ Die Frage nach der Wohnung ist auch über diese Bemühung hinaus, Kontakt herstellen zu wollen, interessant, da schon zur Zeit Jesu die Wohnungen etwas über den Lebensstil ihrer Bewohner aussagten – wie sie lebten, arbeiteten, sozial orientiert waren und wer alles zur Familie gehörte.

Die Frage nach der Adresse als Kontaktmöglichkeit war damals nicht unhöflich direkt, da die Wohnung zur Zeit Jesu nicht so kleinfamiliär-privat eingestuft wurde wie heute. Der Kommunikationsbereich der Menschen vor 2000 Jahren war viel offener angelegt. Vieles spielte sich vor dem Haus ab, und Gastfreundschaft war Regelverhalten. Die Wohnungen in Mitteleuropa unterscheiden sich wesentlich von denen zur Zeit des Nazoräers wie auch von deren Nachfolgebauten in heutiger Zeit.

Überall in der Welt haben sich die Wohnungen den kulturellen Gepflogenheiten, den natürlichen Bedingungen und den städtebaulichen Vorgegebenheiten entsprechend verändert. Sie sind meist sehr viel individueller eingerichtet. Einzelteile und Objekte überfluten oft die Wohnmöbel. Neben dem praktischen Aspekt spielt der Geschmack eine große Rolle, auch können Sammlereigenschaften, Tierliebe oder bestimmte Hobbys eine Wohnung prägen. Wohnungen stehen weitestgehend für das „Wir“ einer Familie oder Wohngemeinschaft, eines Pärchens, oder für das „Ich“ eines Singles. Jede Wohnung ist auch eine Botschaft, ob gewollt oder nicht.

Ein katholischer Geistlicher beeindruckte mich in meiner Jugendzeit Seine ganzen Bücher aus der Studienzeit und was sich später noch so an Literatur angesammelt hatte, waren ins Schlafzimmer verbannt. In den Räumen, in denen er mit den Gemeindemitgliedern sprach, sollte nicht der Eindruck entstehen, mit vielen Büchern sei man überlegen. Leider kann man im Umkehrschluss nicht unbedingt annehmen, dass viel Porzellan in der Vitrine bedeutet, man speise gerne und oft mit anderen. Oder dass viele Sitzmöbel verkünden, hier seien Gäste willkommen. Auch eine große Kühltruhe im Keller belegt nicht, dass für die Tafel der Caritas gesammelt wird.

Ganz nebenbei: Wie kann man eigentlich an einer Wohnung feststellen, dass dort ein Christ mit Jesus lebt?

 

Erschienen  in: Katholische SonntagsZeitung für Deutschland, 13./14. Januar 2018 / Nr. 2
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