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Alt und Himmel üben

Gerade in den Bus eingestiegen schaut eine junge Frau mich an, steht auf und bietet mir ihren Platz an. Da wurde ich zum alten Mann.

Alt werden macht keine Freude, sagte meine alternde Mutter, denn immer schwerer wurden ihre händischen Lebensmitteleinkäufe für uns, die Familie. Mit über 70 Jahren „trug“ mein Vater dauerhaft einen Stützverband am rechten Daumen. Kürzlich traf ich eine „alte“ Freundin, fast 40 Jahre kennen wir uns, ich glaubte sie sei gealtert.

Was wird an mir wohl zuerst alt, frage ich mich, obwohl alles an mir noch funktioniert, wie ich meine.

Ein Werbespruch für eine Zahnpasta prahlt „speziell für reife Zähne“, also für die, die bald runter oder besser rausfallen, aber was juckt das meine Implantate?

Zugegeben, mein Konsum – jüngst an Ginko, einem Nahrungsergänzungsmittel, das angeblich Gedächtnis und Konzentration fördert – ist gestiegen und ich merke auch schon was.

Ändert sich im Älterwerden die Vorliebe für Farben, weg von gedeckten Farben hin zu grellem Bunt?

Lockert älter werden die Zunge? Wächst im Altern die Sehnsucht nach Wahrheit? Ist die Reflexion des eigenen Lebens genauer, oder der Rückblick altersbedingt nur großzügiger? Wann bäumt sich die Frage nach den verbleibenden sozialen Kontakten existentiell auf, oder rüttelt mit ihr nicht schon längst gegenwärtige Einsamkeit an der morschen Lebenstüre?  

Die Haut, sie ist der Markt, auf dem die anderen schätzen, ich aber im Umherschauen mich frage: Hätte sie mehr gestreichelt werden wollen, mehr Organ sein für Nähe und Geborgenheit?

Viele Menschen lassen an ihrer Haut von chirurgischer Hand rumzerren, aber wahrhaft ändert sich nichts nachhaltig, schrumpelig bleibt schrumpelig. Wie auch immer: Habe ich Haut gezeigt, mich gehäutet, mir etwas unter die Haut gehen lassen, oder meine Haut zu Markte getragen?

Und, sind die hier sehr starken biographischen Akzente ein Indiz dafür alt zu werden, oder schon geworden zu sein?

 

Das alles und vieles mehr nur meine „Wahr-nehmung“? Oder alles wie wahr! Ähnlich fragte schon Pilatus. Eines aber ist, wie wahr, Wahrheit: Altsein hat ein Ende! Gott sei Dank. Aber, klingt das nicht zu positiv?

 

Die wachsende Nähe im älter werden zum Reich Gottes führt mich, genannt Christ und Priester, wie jeden Christenmenschen vor die Frage, glaube ich an mein, über die alternde Zerbrechlichkeit hinaus, aufgehoben Sein in Gott?

Auch Priester, zumindest in unseren Breiten, sind an die Annehmlichkeiten das irdische Leben gewöhnt, aber nicht gewöhnen konnten wir uns bisher an den Himmel, an das himmlische oben schon unten. Ist das ein Skandalon, erfahren in Sachen Erde, unglaublich unerfahren in Sachen Himmel? Da hilft nur eines: Üben, üben und nochmals üben!

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