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Den Gastarbeitern der 60er Jahre

Nicht nur im Südviertel Aachens bestünde Erklärungsnot, sondern auch beim Gemüsehändler um die Ecke, bei der Verkäuferin im Einzelhandel, den Beschäftigten in der Gastronomie bis hin in die Professorenschaft unserer Hochschulen.

Denn in fast allen Sparten finden wir sie, die Kinder und Kindeskinder der so genannten ersten Generation von Gastarbeitern. Und diese Mitbürgerinnen und Mitbürger könnten uns fragen: War es ein Fehler unsere Großeltern in den 60er auch nach Aachen zu holen?

Die Konjunktur dieser Frage hat jüngst kein geringerer als der Altbundeskanzler Helmut Schmidt mit seiner «nachdenklichen» Feststellung angeschoben, es sei ein Fehler gewesen in den 60er Jahren Gastarbeiter aus fremden Kulturen in die BRD geholt zu haben.

Also leben in Aachen einige tausend Menschen, die eigentlich eine Fehlentscheidung sind und ihre Kinder und Kindeskinder, die Folgen derselben auch? In meiner Erinnerung sehe ich ein Gastarbeiterkind vor meinen Augen, mit zehn Jahren war er mein bester Freund, viele Jahre lang und nun soll er eine Fehlentscheidung gewesen sein?

Ist auch hier in Aachen die Vision des Miteinanders der Kulturen endgültig in die Parallelität von Kulturen hinein gescheitert und so die Fehlentscheidung der 60er greifbar! Zweifellos, es gibt in Aachen soziale Separierung unterschiedlicher Merkmale, so beispielsweise auch im Südviertel.

Es ist auch ein gravierendes Problem, wenn viele der älteren ausländischen Mitbürger und Mitbürgerinnen die deutsche Sprache nicht beherrschen und sich über Jahrzehnte hinweg in ihrem Sprachzirkel zurückziehen. Kommunikation und Kultur bedürfen konstitutiv einer gemeinsamen Sprache, der Landessprache.

Heißt das, dass nun die Zeit reif ist für die deutsche Leitkultur, der es zu folgen gilt, und den Eid auf die Verfassung, als Gesinnungsgarantie auf deutschem Boden – so wie einige Politiker fordern?

Es ist keine Frage, dass Grundgesetz und gesellschaftsbildende Werteakzeptanz konstitutiv für alle sind, die in der BRD leben möchten. Aber kann man Kultur als Vorgabe einfordern, der alle zu entsprechen haben? Unsere christlich geprägte Kultur ist doch nur aktuell christliche Kultur, wenn der christliche Glaube auch bekannt, gelebt und gefeiert wird.

Ist das nicht der Fall, dann gehört die christlich geprägte Kultur der Vergangenheit an und ist somit Geschichte. Auch für die zukünftigen Bemühungen, auf unterschiedlichen religiösen Hintergründen an einer gemeinsamen Kultur unserer Gesellschaft zu bauen, in der das Identitätsstiftende der verschiedenen Religionen möglich ist, bedarf es der gelebten Religion um kulturrelevant in der Gegenwart zu sein.

Denn, sollten einmal mehr Minarette als Kirchtürme das kulturelle Antlitz Aachens prägen, dann ist es falsch zu behaupten, die Muslime haben die Christen in Folge der 60er verdrängt. Vielmehr müssten die, die sich zum Christentum bekennen, beziehungsweise jene, die das christliche Erbe für unaufgebbar halten, eingestehen, zu wenig den christlichen Glauben bekannt, gelebt und gefeiert zu haben.

Quelle: Aachener Zeitung, 1.12.2004.
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