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Der unsichtbare Türsteher

Türsteher sind schon in der Antike bekannt. Ihre Aufgabe: Schützend den Eingangsbereich eines Hauses im Blick zu behalten.

Die frühen christlichen Gemeinden kannten auch Türsteher, die ihrerseits die Aufgabe hatten, die Katechumenen, also diejenigen, die sich um eine Gemeindezugehörigkeit bewarben und sich in der Vorbereitung auf die Taufe befanden, nach dem Wortgottesdienst vor Beginn der Eucharistiefeier zurück in den Eingangsbereich des Hauses zu führen, da sie die Vollmitgliedschaft in der Gemeinde ja noch nicht innehatten, sondern erst anstrebten.

Der Stil dieser Türsteher zeichnete sich aus durch Wertschätzung der Interessenten an Gottesdienst und Gemeinschaft der frühen Gemeinden.

Türsteher gibt es auch heute z.B. an den Eingängen zu Diskotheken oder Warenhäusern. Ihre Aufgabe: Ungebetene oder unpassende Personen vom Betreten der Orte des gehobenen Konsums abzuhalten.

Es gibt aber auch noch ganz andere „Türsteher“, die unsichtbaren. Diese verhindern nicht den Einlass von ungebetenen Menschen, sondern den Einlass von gefürchteten Gedanken in denkende Köpfe.

Diese „Türsteher“ werden oft positioniert vor politischen Systemen, gesellschaftlichen und auch kirchlichen Strukturen, in sich geschlossenen Gruppen, aber auch vor Familien, in Wohnzimmern oder in Partnerschaften aller Art.

Unsichtbare „Türsteher“ regeln unterschiedlich und verschieden stark durch Verbote, Repressalien, Ausgrenzung, Verschweigen, Beleidigt sein, Marginalisierung oder ähnliche Machtinstrumente, ob bestimmte Ideen, Informationen, Annahmen, Erkenntnisse oder Bekenntnisse einen öffentlichen „Denkraum“ erreichen dürfen oder nicht.

Der Nährboden dieser unsichtbaren „Türsteher“ sind Furcht vor Kontrollverlust, aber auch Kleingeistigkeit, Machterhalt und Vorteilsnahme.

Und sie werden Tag für Tag von fast „unsichtbarer Hand“ an die Schwellen der Lebensräume anderer Menschen gestellt.

Aber diese „Türsteher“ instruieren nicht nur die „Anderen“, von denen wir (die sogenannten Kleinen) oft sagen, sie seien die Mächtigen. Nicht immer so, sie gibt es auch noch in „Taschenformat“.

Wenn vorhanden, versucht das „Taschenformat“ im Alltag „von dir und mir” zu bestimmen, was ausgesprochen werden darf oder nicht. Seine Instrumente sind verbales dem Anderen über den Mund zu fahren, mal eben dem Gegenüber die Kompetenz abzusprechen, die Macht der längeren Erfahrung zum Todschlagargument zu schmieden, den Informationsvorsprung zur Falle werden zu lassen, oder ganz einfach das Gegenüber irgendwie bloßzustellen.

Auch bei den „kleinen“ Kommunikationsformen „unter uns“ dürfen die Türsteher in Taschenformat nicht unterschätzt werden. Sie verhindern Klarheit, Offenheit und Ehrlichkeit. Oft aber haben wir sie selber in der Hand!

Erschienen in: Anzeiger für die Seelsorge 6/2018 „Wortgewand“ 
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