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Unterordnen eine Kompetenz?

Begriffe können Karriere machen. Zum Beispiel der Begriff „chillen“, der in der Jugendsprache heute so viel bedeutet wie das alte Modewort „abhängen“. Auch der Apostel Paulus verhalf einem Begriff zur Karriere, nachzulesen in dem Brief an die Epheser (5,21-33). Gemeint ist das Wort „unterordnen“.

Aktuell ist der Begriff „unterordnen“ nicht mehr karriereverdächtig.

Umgangssprachlich verwendet taucht er so auf: „Der sollte sich mal unterordnen“. Noch seltener auch so: „Ich werde mich doch nicht unterordnen“. Sich unterordnen liegt definitiv nicht im Trend und ist daher als Begriff vom Aussterben bedroht.

Da wir uns aber Trends nicht unterordnen, lieber Leser, schauen wir uns diesen altehrwürdigen Begriff mal genauer an: Das Wort unterordnen ist zusammengesetzt aus den Begriffen unter und ordnen. Die Komponente „unter“ macht nur auf sein Bezugswort hin Sinn, das hier „ordnen“ heißt. Also ist es entscheidend, dieses Bezugswort unter die Lupe zu nehmen.

Ordnen ist ein häufig verwandter Begriff. Wir ordnen Müll, Termine, Lebensmittel, Bücher, Beziehungen, Geldanlagen, Wissen, Möbel usw.

Warum ordnen wir? Zu ordnen ist genuin menschlich. Denn Ordnung ist Grundlage für jede Form der Kommunikation, die ihrerseits Bedingung menschlichen Überlebens ist. Ordnung also ist Qualitätssicherung bezogen auf das, was uns einfach entgegenkommt. Ordnung ist so „Hand-habe“ der Realität. Sie beruhigt uns gegenüber einer „beunruhigenden“ Unordnung.

Ordnung herzustellen bedarf allerdings der Sichtung dessen, was es zu ordnen gilt. Wenn ich also „Müll“ ordnen will, muss ich zuerst klar haben was „Müll“ ist, um dann deren Kategorien zu sichten: Biomüll, Zeitungen, Plastik, Elektronik, Giftmüll …

Quintessenz: Der zur Kommunikation des Menschen notwendig gehörenden Ordnung geht die Sichtung voraus. Die Sichtung ist Bestandsaufnahme, also eine Darlegung dessen was ich zur Verfügung habe.

Konkret bezogen auf die allgemeine Argumentation bedeutet das: Wer sich argumentativ unterordnet hat den Vergleich gewagt. Er hat seine Argumente gesichtet, also Bestandsaufnahme dessen gemacht was er als Argument zur Hand hatte, und so alles in den Blick genommen was es zu bedenken galt.

Dann hat er all das, was er auf das Thema hin zu sagen und an Empfindungen mitzuteilen hatte in eine eigene Ordnung gebracht, also sortiert und abgewogen.

Mit der eigenen Ordnung, im Vergleich mit gleich zustande gekommenen Ordnungen Anderer, kann er sich nun entscheiden und sich beiordnen, überordnen oder eben unterordnen. Dieses Abwägen in der Sache führt zur Einordnung der eigenen Position.

Sich unterordnen ist also nicht Schwäche, sondern Stärke dessen, der seine Ordnung ergänzt durch die befürwortete Ordnung eines Anderen.

Erschienen in: Katholische Sonntagszeitung für das Bistum Augsburg.
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