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Fehler gehören zum Leben

Eine Handreichung zum Bewerbungsgespräch empfiehlt: „Gut wäre neben der Aufzählung spezifischer Kompetenzen auch, im Gespräch zu erwähnen, mal einen Fehler gemacht zu haben.“ Weitere Nachfragen allerdings, heißt es in der Empfehlung weiter, sollten mit dem Hinweis vermieden werden, das sei privat. Sorry, aber diese Empfehlung ist dumm! Bedarf es doch nicht einmal der Einsicht in Statistiken, um als Normalsterblicher zu wissen, dass jeder Mensch Fehler macht, beruflich wie privat. Irren ist menschlich! Darüber hinaus zeichnet den Menschen doch auch aus, über seine Fehler und deren Wurzeln nachdenken und sprechen zu können, ja sogar aus ihnen lernen zu können. Sind Fehler wirklich eine Privatangelegenheit? Zu differenzieren ist hier bezüglich der Qualität, der Häufigkeit und der Auswirkung, die ein Fehler zur Folge hat. Selbstverständlich kann eine Tätigkeit in einem Unternehmen oder ein soziales freiwilliges Engagement nicht durch die Aneinanderreihung von Fehlern gekennzeichnet sein. Und wenn ein Fehler mehr als nur die eigene Person betrifft, ist er keine private Angelegenheit mehr. Die meisten Fehler, die Menschen machen, haben mindestens Konsequenzen für zwei Personen. Allerdings werden Fehler gerne unter dem Mäntelchen des Privaten verborgen, weil die Öffentlichkeit nicht an Fehlern und ihrer Ursache interessiert ist, sondern eher an ihren angeblich vernichtenden Konsequenzen. So gibt es in der Politik ja auch keine Fehler mehr, sondern nur noch Skandale. „Bei euch soll es anders sein …“ (Mk 10,43): Ein Fehler, dessen Konsequenzen abwendbar sind, oder den „man wieder gut machen kann“, sollte sowohl in Beziehungen als auch im beruflichen Kontext nicht zum Fallholz (Skandalon) gemacht werden. Vielmehr sollte der Umgang mit ihm der Vertrauensbildung und somit der Qualität des Beziehungs- oder Betriebsklimas dienen. Übrigens: Eine christliche Kernkompetenz besteht in der Wahrnehmung und dem Umgang mit den eigenen Fehlern sowie der „kreativen“ Bewertung der Fehler anderer. Fehler gehören zum Leben. Weitsichtig mit ihnen umzugehen, ist Lebensqualität. So zeichnet sich ein gut angelegtes Bewerbungsgespräch dadurch aus, dass der Arbeitgeber für mögliche Fehler des Bewerbers und dessen Umgang mit ihnen Raum lässt. Was für ein (Betriebs-)Klima mag dort herrschen, wo nicht erwünscht ist, Fehler gemacht zu haben und darüber zu sprechen noch weniger? Eine Bewerbung an solch lebensfeindlichem Ort wäre sicher ein Fehler! Sollte die Kirche sich ertappen, den Fehler des Menschen zu seinem Fallholz werden zu lassen, dann wäre das nicht mehr nur ein Fehler – sondern ein echter Skandal!

 

Erschienen  in: Katholische SonntagsZeitung für Deutschland, 13./14. Dezember 2014
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